05.09.2017 - island wir kommen

Was gibt es schöneres, als beim Start einer Kreuzfahrt von Island aus ein kleines Vorprogramm mit einzubauen. Das gehört einfach zwingend dazu. Island ist viel zu schön, um sich die Gelegenheit für ein kurzes Stelldichein entgehen zu lassen. Das kann man prima alleine organisieren. Island ist ein sehr sicheres, entspanntes Reiseland. Allerdings gehört es nicht zu den günstigsten Zielen auf dieser Erde.

Island lohnt sich für einen Tag. Oder für drei. Oder zwei Wochen. Egal, wieviel Zeit man hat, es findet sich etwas Tolles, Sensationelles, Atemberaubendes oder Spannendes.

Unser Flug mit der Lufthansa von Berlin-Tegel über Frankfurt nach Reyjkjavik lief entspannt und nahezu problemlos. Mit Ausnahme unseres demolierten Kindersitzes, den irgendeine "Fachkraft" wohl (vermutlich in Berlin, wo sonst) einmal quer über den Flughafen geschleift hatte. Der Stoff war durchgerieben, der Sitz völlig zerkratzt. Und war nigelnagelneu. Da kommt Freude auf. Gleich zu Lost and Found und den Schaden sofort melden zu melden. Das war gut so, denn den beschädigten Sitz hat die Lufthansa nach entsprechender Reklamation unsererseits später voll bezahlt.

Nachdem der unerfreuliche Teil erledigt war, stand nun endlich Island auf dem Programm. Es war in der Tat eine Art "Nach Hause kommen", es fühlte sich alles so vertraut an. Wir schlugen also neue Wege ein, fuhren in die südwestliche Ecke der Halbinsel Keflavik, auf der sich auch der Flughafen befindet. Auch diese Ecke ist touristisch gesehen nur wenig von Leuten frequentiert und man hat viele schöne landschaftliche Ecken exklusiv für sich. Entsprechend ist auch der Autoverkehr, so dass man anders als z.B. auf dem Golden Circle völlig entspannt dahin cruisen kann.

Fährt man auf der Straße 425 von Hafnir nach Grindavig, kommt man ganz bequem an einer kleinen Besonderheit vorbei. Der Lage Islands auf dem mittelatlantischen Rücken geschuldet, ist Island ein geologisch extrem aktiver Bereich unserer Erde. Island ist so gesehen der Hotspot, an dem die Grenze zwischen der Eurasischen und Amerikanischen Erdplatte verläuft. Dies tut sie normalerweise unter Wasser, nur auf Island kommt diese Grenze ans Tageslicht. Und zwar auf spektakuläre Art und Weise. Man kann es auf den Bildern sehen. Die linken bzw. hinteren Teile gehören zur amerikanischen Platte, die vorderen und rechten zur eurasischen. Mit dem Ergebnis, dass man auf dieser Brücke zwischen zwei Kontinenten wandeln kann.

Der Spalt mit dem dunklen Sand stellt im Prinzip einen Graben da. Dieser entsteht, da beide Platten voneiander wegdriften. Europa und Amerika entfernen sich jährlich um wenige Zentimeter voneiander, weil hier die Nahtstelle des Erdmantels ist und ständig neues Material und somit neues Land entsteht. Die "Fuge" verläuft diagonal über die kleine Halbinsel südlich von Keflavik und dann nach Nordost über die Insel. Stellen wie diese gibt es zwar noch einige, aber nur sehr wenige, die so gut erreichbar und trotzdem nicht überlaufen sind. An anderer Stelle ist der hier sandige Graben zwischen den Platten mit glasklarem Wasser gefüllt, in dem man tauchen kann. Steht auf Rudis Bucket List.

Weiter gehts an der 425 immer in Richtung Grindavig. Haben wir uns eben noch mit der Plattentektonik befasst, konnten wir nun die Folgen davon bestaunen. Direkt ein paar Meter von der Straße gibt es dieses Gebiet, touristisch mit Pfaden und Parkplatz erschlossen. Und hier sieht man mächtige Fumarolen, die unerlässlich heißes Wasser bzw. Wasserdampf fördern - und zwar gewaltige Mengen. Man kommt unmittelbar ran und kann sich das mal fühlbar vergegenwärtigen, mit welchem Druck und welcher Kraft der Dampf aus der Tiefe geschossen kommt. Wenn der Wind dreht und man sich auf einmal in der Wolke befindet, ist man nicht nur plitschenass. Man muss auch aufpassen, dass das heiße Wasser einen nicht verletzt.

Es ist immer wieder etwas besonderes, diese Kräfte so hautnah spüren zu können. Diese Kräfte werden auf Island sehr sinnvoll ausgenutzt, ein Großteil der Fernwärme wird in solchen geothermischen Kraftwerken erzeugt. Der Untergrund ist so heiß, dass nach unten gepumpte Flüssigkeit gasförmig wird und Turbinen antreibt. Dann kühlt sie sich wieder ab und das Ganze steigt von vorn. Eine schöne Sache, wenn man derartige Ressourcen zur Verfügung hat.

Auch wenn wir noch sooo viele hätten anfahren können, noch viel mehr Zeit an bestimmten Stellen gerne verbracht hätten, so zwingt ein kleines Kind im Schlepptau zu Kompromissen. Wir fuhren zurück in Richtung Flughafen Keflavik, in dessen Nähe wir unter den gegebenen Umständen (ächz!) ein halbwegs bezahlbares und doch unglaublich teures Hotel für die eine Nacht zur Überbrückung gefunden hatten. Es handelte sich um Alex Guesthouse. Sicherlich mit Liebe geführt, handelt es sich jedoch im Grunde um eine große Sammlung von äußerst spartanischen Zimmern, meist ohne sanitäre Anlagen darin sondern auf dem Gang.

Egal. Wir nahmen die Umstände hin, wie sie schlafensmüde Reisende eben so hinnehmen und betten uns zur Ruhe. Ein großartiger Tag lag hinter uns und es würden noch viele großartige Tage folgen.